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Potenziale der Digitalisierung in der Fertigung ausschöpfen

Die durchgängige Digitalisierung und die Vernetzung aller produktionsbezogenen Prozesse nach dem Konzept von Industrie 4.0 ermöglicht eine umfassende Optimierung der wertschöpfenden Tätigkeiten im Shop-Floor und legt den Grundstein für neue Geschäftsmodelle. Die Voraussetzung dafür schaffen die automatisierte Erfassung, Verarbeitung, Aufbereitung und Analyse von Prozessdaten aus der Fertigung in Echtzeit, ergänzt durch Regelkreise für eine kontinuierliche Prozessverbesserung und Assistenzsysteme, die Handlungsempfehlungen anzeigen.

Plattling, den 05. Juni 2018

Potenziale der Digitalisierung in der Fertigung ausschöpfen

Dank Automatisierung ist es vielen Fertigungsunternehmen, besonders aus der Prozessindustrie oder der diskreten Industrie, in den letzten Jahren gelungen, ihre Prozesse in der Produktion und die Geschwindigkeit ihrer Fabrikationsanlagen zu verbessern.

 

Optimierungspotenzial nicht ausgereizt

Das Potenzial ist damit aber noch lange nicht ausgereizt. Das Industrial Internet of Things (IIoT) und die Entwicklungen im Rahmen von Industrie 4.0 ermöglichen heute nämlich eine ganzheitliche Prozessoptimierung in der Produktion. Sie sorgen dafür, dass aus dem ERP-System Informationen zu den Aufträgen und zum Stand der Planungen automatisiert über einfache Schnittstellen in die Fertigung fließen und Maschinen über alle Produktionsstufen hinweg autark funktionieren. Umgekehrt werden Daten aus den produktionsnahen Systemen direkt in das ERP-System übertragen und mit den kaufmännischen Prozessen verknüpft.

Zusätzliche Verbesserungen sind möglich, wenn Prozessdaten aus dem Produktionsumfeld etwa zu Maschineneinstellungen, zum Energieverbrauch oder Daten aus Inlinemessungen feingranular erhoben und aufgeschlüsselt werden. Die Aussagekraft dieser Werte, die häufig mit einem Zeitstempel versehen in einer Historian-Datenbank archiviert werden, ist jedoch begrenzt, solange sie nicht mit dem entsprechenden Produkt und anderen relevanten Daten korreliert werden. Das sind zum Beispiel Auftragsdaten, Qualitätsdaten und Informationen zum Rohstoffverbrauch.

 

360-Grad-Sicht mit MES als Datendrehscheibe

Erst wenn all diese Informationen erfasst und sinnvoll in Zusammenhang gebracht werden, lässt sich daraus zum Beispiel ableiten, warum eine Maschine bei der Herstellung von Produkt A aktuell mehr Ressourcen verbraucht werden als bei einem vorangegangenen Produktionslauf oder bei der Fertigung von Produkt B. Solche Vergleichsmöglichkeiten bilden eine wichtige Grundlage für Verbesserungen. Möglich macht dies ein modernes Manufacturing Execution System (MES). Als zentrale „Drehscheibe“ führt es Informationen aus den unterschiedlichsten Quellen zusammen, bereitet sie auf und visualisiert sie auf optisch ansprechende Weise. So entsteht eine 360-Grad-Sicht auf die Produktion und eine valide Datenbasis für die weitere Optimierung der Abläufe. Werden die produktionsrelevanten Daten im MES dann noch in Echtzeit, also zu dem Zeitpunkt, zu dem sie anfallen, analysiert und mit den historischen Daten abgeglichen, werden Probleme und Abweichungen sofort ersichtlich, und es kann umgehend reagiert werden.

 

Automatisch Handlungsempfehlungen geben

Noch einen entscheidenden Schritt weiter in Richtung Digitalisierung und größere Prozesseffizienz geht ein „intelligentes“ Assistenzsystem, das mit Technologien für Machine Learning und künstliche Intelligenz (KI) arbeitet. Genau in diese Richtung werden MES in naher Zukunft weiterentwickelt. Es zeigt dem Anwender nicht nur automatisch und ereignisgesteuert an, wo genau ein Eingriff nötig ist, sondern empfiehlt ihm zugleich, welche Maßnahmen er anstoßen soll, um das Problem zu beheben.

In der Praxis funktioniert das so: Durch eine Analyse historischer Maschinendaten wird ermittelt, welcher Produktionslauf zur Herstellung eines bestimmten Artikels in puncto Qualität, gefertigte Menge pro Zeit und in Bezug auf den Energie-, Material- und Rohstoffverbrauch am effizientesten war. Er wird als Referenz im MES hinterlegt. Wird derselbe Artikel ein weiteres Mal auf derselben Maschine gefertigt, lässt sich durch eine vergleichende Echtzeitanalyse der aktuellen Produktionsdaten mit den Werten aus der Referenz sofort feststellen, wie effizient der neue Produktionslauf tatsächlich ist.

Überschreiten bestimmte Werte, etwa der Energieverbrauch, den zuvor definierten Schwellenwert, benachrichtigt das Assistenzsystem den zuständigen Mitarbeiter – Werker, Produktionsplaner, Instandhaltungstechniker oder Energiemanager – und schlägt vor, wo er wie eingreifen kann. Im einfachsten Fall braucht nur die Maschineneinstellung aus der Referenz übernommen zu werden. Macht das System dagegen ein erhöhtes Ausfallrisiko bei der Maschine aus, wird es im Sinne des Prinzips von Predictive Maintenance umgehend eine Reparatur oder den Austausch der betroffenen Komponente empfehlen.

 

Ständige Verbesserung mit Regelkreisen

Ist der aktuelle Fertigungslauf dagegen effizienter als die Vergleichsreferenz, wird er automatisch als neue Referenz im MES hinterlegt. So entsteht ein Regelkreis, über den eine kontinuierliche Verbesserung (KVP) der produktionsbezogenen Prozesse in Gang gesetzt wird. Doch damit nicht genug: Mit Machine-Learning-Algorithmen lassen sich selbstlernende Regelkreise erstellen, über die die Fabrikationsanlagen autonom agieren und sich selbstständig optimieren können. Manuelle Eingriffe in den Produktionsablauf erfolgen dann nur noch im Fall einer Wartung oder bei einer Störung.

In solche Regelkreise lassen sich auch Qualitätswerte automatisch einbinden, die nicht direkt an der Maschine gemessen werden können und deshalb mit Machine Learning und vorausschauenden Analysen (Predictive Analytics) ermittelt werden. Bei der Papierherstellung ist das zum Beispiel die Farbe von Papier, die bislang erst nach Abschluss eines Produktionslaufs manuell erfasst werden konnte.

 

Mehrwert einer umfassenden Digitalisierung

All das belegt: Durch eine durchgängige Digitalisierung und Automatisierung lässt sich im Shop-Floor das Verbesserungspotenzial bei wertschöpfenden Tätigkeiten so effizient ausschöpfen, dass daraus ein echter Mehrwert entsteht. Optimierungszyklen – Datenerfassung, Analyse, Ableiten und Umsetzen einer Maßnahme – können so nahezu in Echtzeit und ohne manuellen Eingriff durchgeführt werden. Eingeleitete Maßnahmen greifen also sofort und werden ihrerseits postwendend analysiert. Auf Grundlage der auf diese Weise gewonnenen Daten und der Regelkreise können dann auch Simulationen durchgeführt werden.

 

Gesamtlösung aus MES, ERP, Analytics und Co.

Die Technologien dafür sind bereits vorhanden; im SAP-Umfeld mit der In-Memory-Plattform SAP HANA. Sie verarbeitet und analysiert die immense Datenmenge (Big Data), die durch das IIOT und den ständigen Datenfluss entsteht, innerhalb kürzester Zeit und beinhaltet Funktionen für Machine Learning und Predictive Analytics.

Die Kunst besteht nun darin, auf dieser Plattform eine integrierte Gesamtlösung mit homogener Datenstruktur und zentraler Datenverwaltung zu realisieren, die das reibungslose Zusammenspiel aller Anwendungen – MES/Assistenzsystem, ERP und Analytics – ebenso ermöglicht wie das einheitliche Monitoring des Maschinenparks.

Verfügt die Lösung dann noch über eine intuitive Oberfläche wie SAP Fiori, auf der sich alle Aufgaben rollenbasiert und komfortabel erledigen lassen – am Desktop, am Terminal oder mobil per Smartphone oder Tablet – und die sich automatisch an das jeweilige Gerät und Betriebssystem anpasst, ist das ein großer Vorteil.

 

Umsetzung erfordert tief gehendes Know-how

Die Realisierung einer solchen Gesamtlösung erfordert jedoch ein tief gehendes Know-how – und damit die Unterstützung durch einen erfahrenen Partner mit hoher Beratungs-, Prozess- und Technologiekompetenz, der am besten auch alle Services aus einer Hand erbringt. Auf diese Weise lassen sich gleichermaßen Produktion und produktionsbegleitende Prozesse digitalisieren – die Grundvoraussetzung für eine weitere Optimierung. Hier schließt sich der Kreis.

 

Autor: Thomas Blöchl, Business Unit Manager MES und Mitglied der Geschäftsleitung der T.CON GmbH & Co. KG

 

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