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Norbert Kytka
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Kam vor 10 Jahren ein Kunde mit der Forderung nach einer neuen HR-Lösung an einen SAP-Partner herangetreten, war die Antwort schnell klar. Gefordert wurde vor allem eine stabile Personaladministration (PA), eine robuste Payroll (PY) und eine zuverlässige Zeitwirtschaft (PT). Stellt ein Kunde heute die gleiche Frage, ist die Antwort ausführlicher geworden: HR umfasst heute in allen Unternehmen mehr als nur Basis-Services rund um die Abrechnung. Die aktuellen Herausforderungen ergeben sich im Talent Management, Recruiting, in der Personalentwicklung und im Reporting. HR-Lösungen heute müssen umfassendere Antworten liefern als vor 10 Jahren. Die SAP hat diesen Trend frühzeitig erkannt. Doch werfen wir zunächst einen Blick auf die Anfänge.
Das klassische HCM-Modul ist bereits seit Mitte der 80er-Jahre Bestandteil der Business Suite. In den 2000er-Jahren wurde es um moderne HR-Prozesse im Bereich Employee Self Services (ESS) und Manager Self Services (MSS) ergänzt. Weitere Lösungsbausteine kamen im Bereich Personalbeschaffung (E-Recruiting) und Personalentwicklung (Learning Solution) hinzu. All diese Lösungen wurden zeitgemäß auf den damals aktuellen Oberflächentechnologien entwickelt: GUI-Anwendungen, WebDynpro-Applikationen und Java-Oberflächen. Diese Anwendungen wirken heute reichlich angestaubt und können nur schwer von innovativen HR-Prozessen überzeugen. Das wichtigste Ereignis in der HCM-Historie war die Akquisition von SuccessFactors im Jahr 2011 durch die SAP für 3,4 Milliarden US-Dollar 1. SuccessFactors war zu diesem Zeitpunkt bereits seit 10 Jahren auf dem Markt und brachte Umsatz und Kunden mit zur SAP SE. In der Folge rief die SAP SuccessFactors zur strategischen HR-Lösung aus und setzte das Ablaufdatum des HCM-Moduls auf 2025 fest. Diese Strategie löste insbesondere bei Kunden, die kräftig in die Individualisierung der HCM-Lösung implementiert hatten, viele Fragezeichen aus. In den folgenden Jahren waren immer wieder Punkte der Roadmap vage, so dass diese Fragezeichen nie ganz geklärt werden konnten. Die wesentlichen Fragestellungen in dieser Zeit waren:
Einzelne Punkte konnten in den Jahren aufgelöst werden und doch blieb immer noch die Unsicherheit rund um die Abkündigung im Jahr 2025.
Am 9. Januar 2018 kam dann diese Pressemitteilung der SAP 2: „HCM für S/4HANA: SAP schafft Klarheit im Personalwesen“. Damit wurde die Roadmap für das klassische HCM-Modul neu justiert. Die wesentlichen Punkte:
SAP schafft damit Klarheit über die Zukunft des HCM-Moduls und gibt seinen Kunden 12 Jahren Planungssicherheit. Mit dieser Information können heute Systemarchitekturen gestaltet werden, die Planungssicherheit enthalten.
Im Laufe des Jahres 2018 wurden diese Punkte durch die SAP um weitere Fakten ergänzt:
Diese Ankündigungen schaffen Planungssicherheit – es bleiben dennoch Fragen offen…
Der globale HR-Master (Personalstamm) wird heute auch für mittelständische Unternehmen immer wichtiger. Nur mit einem zentralen Personalstamm, der alle Standorte und Mitarbeiter enthält, sind einheitliche Prozesse und aussagekräftiges Reporting möglich. Beides sind wesentliche Forderungen an die HR-Abteilungen in den Unternehmen. Kunden stellen sich nun die Frage: „SAP HCM oder SuccessFactors Employee Central?“ Die Beraterantwort hierauf: „Es kommt darauf an!“
Die Frage lässt sich tatsächlich nur ganzheitlich mit Blick auf die gesamte IT-Systemlandschaft und IT-Roadmap beantworten. Wesentliche Indikatoren bzw. Fragen, die gestellt werden müssen:
Gleichzeitig können folgende wesentliche Fakten dagegengehalten werden, um zu einer zukunftsweisenden Entscheidung zu gelangen:
SAP bietet heute mehrere Standardvarianten für die Implementierung der HCM Payroll. Einen Überblick gibt der folgende Abschnitt.
SuccessFactors hat technisch kein eigenes Payroll-Modul. Es verwaltet den globalen Personalstamm, dessen relevante Daten für die Abrechnung an Payroll-Systeme übergeben werden. Die Payroll wird in den Unternehmen häufig in den jeweiligen Ländern an spezialisierte Dienstleister übergeben. Genau für diese Integration mit unterschiedlichen Dienstleistern ist SuccessFactors durch die Integration der SAP Cloud Integration bestens gerüstet. Über die mitgelieferte Middleware lassen sich Schnittstellen zu unterschiedlichen Anbietern realisieren.
Im Jahr 2018 bietet SAP unterschiedliche Standardoptionen für den Betrieb der Payroll, die sich in Servicegrad und Betriebsmodus unterscheiden.
In diesem Szenario betreibt der Kunde das SAP HCM weiterhin in seinem eigenen Rechenzentrum und führt die Abrechnung in Eigenverantwortung selbst durch. Die Anbindung an SuccessFactors erfolgt über die SAP Cloud Integration (SCI). In diesem Szenario kann der Personalstamm auch führend im SAP HCM liegen und SuccessFactors für die Durchführung von Talent-Management-Prozessen angebunden werden (Talent Hybrid Szenario).
Technisch betreibt die SAP in diesem Szenario für den Kunden ein HCM-System im SAP-Rechenzentrum. Dieses HCM-System ist durch standardisierte Schnittstellen eng in EmployeeCentral eingebunden. Kundenindividuelle Anpassungen sind auf diesem HCM-System nicht möglich. Das Angebot richtet sich vor allem an größere Mittelständler und Konzerne.
In diesem Szenario betreibt ein Drittanbieter das Payroll-System auf Basis von SAP HCM für den Kunden. Je nach Ausgestaltung können Prozesse der Payroll teilweise oder ganz an den Dienstleister übergeben werden.
Bei der Partner Managed Cloud wird das HCM-System im Rechenzentrum eines SAP-Partners betrieben - je nach Betriebsmodell als dedizierter Mandant (private cloud) oder Mandant auf geteilter Hardware (shared instance). Insbesondere der dedizierte Betrieb ist für Unternehmen mit hohen Anforderungen an Abrechnung und Zeitwirtschaft interessant: In diesem Szenario können weiterhin spezielle Anpassungen an der Konfiguration des HCM-Systems für den Kunden vorgenommen werden. Auch Individualprogrammierungen sind in diesem Szenario weiterhin möglich. Je nach Anbieter erfolgt die eigentliche Abrechnung entweder durch Abrechner beim Kunden, die über eine VPN-Verbindung auf das System zugreifen, oder wird komplett als BPO-Service übernommen.
Die Möglichkeiten zum Betrieb der Abrechnung in Verbindung mit SuccessFactors Employee Central sind vielfältig. Der effektivste Weg muss gemeinsam im Projekt erarbeitet werden. Wir als T.CON unterstützen unsere Kunden in allen vier Varianten – insbesondere auch im Modell der Partner Managed Cloud. Gemeinsam mit unserem Partner t.serv können wir unseren Kunden das Komplettpaket bestehend aus Implementierung, Hosting und BPO anbieten.
Die HR-Abteilungen stehen vor ihrer eigenen Digitalen Transformation. Administrative Prozesse müssen jetzt effizient umgesetzt werden, um in der Zukunft wirksam sein zu können. Die Digitalisierung von HR ist Treiber für viele abhängige Prozesse in den Unternehmen.
Drei HR-Trends, die direkten Einfluss auf die Personalarbeit von morgen haben werden 3:
Die Belegschaft wird sich zukünftig aus einer Vielzahl von unterschiedlichen Personengruppen zusammensetzen: Festangestellte Mitarbeiter, Leiharbeiter, Partnernetzwerke und Crowd Worker. Reporting und Personalplanung gewinnen daher weiter an Bedeutung.
Agile Organisationsformen und Arbeitsweisen werden unsere zukünftige Zusammenarbeit begleiten. Neue Karrierewege erfordern neue Konzepte für eine adaptive Personalentwicklung. HR-Prozesse und die Abbildung der Organisation müssen sich daran anpassen.
Daten werden bereits heute in vielen verschiedenen Prozessen und unterschiedlichen Systemen erhoben und abgelegt. Wissen und Mitarbeiter werden zu den entscheidenden Produktionsfaktoren der „Wissensgesellschaft“. Die Notwendigkeit für fundierte und vorwärtsgewandte Entscheidungen auf Basis von Daten wird mehr und mehr ansteigen.
Diese Trends erfordern HRIS (HR Informationssysteme), die sowohl robust, als auch agil sind. Robuste Prozesse garantieren konsistente und richtige Personalstammdaten. Agile Mechanismen schaffen die Möglichkeit für kundenindividuelle Lösungen. Und gleichzeitig werden immer kürzere Innovationszyklen erforderlich sein, um von der Weiterentwicklung von Standardlösungen zu profitieren.
Durch die Integration von SAP HCM, SuccessFactors und der SAP Cloud Platform (SCP) liefert die SAP alle notwendigen Bausteine für die zukünftigen HR-Systeme. Die geschickte Integration dieser Bausteine schafft das Fundament für Prozesse und Reporting. Und sie schafft die Basis für die Vernetzung mit weiteren Systemen, nutzt Personalstammdaten oder liefert Informationen.
Für die SAP ist SuccessFactors eine strategisch enorm wichtige Lösung. Zum einen werden mit SuccessFactors Einnahmen im bedeutsamen Cloud-Geschäft erwirtschaftet. SuccessFactors unterstützt damit direkt das Ziel der SAP, selbst zur wichtigsten Cloud-Company zu werden. Zum anderen wird SAP in diesem Feld massiv von Wettbewerbern unter Druck gesetzt. Insbesondere Workday liefert selbst eine ähnlich vollständige HR-Lösung wie SuccessFactors. Workday besetzt inzwischen auch das Feld der Finanzanwendungen und greift SAP damit direkt in seinem Stammmarkt (ERP) an. Die strategische Bedeutung von SuccessFactors für SAP ist immens.
Die Transformation von HR ist für SAP kein Selbstläufer. Wichtige Kunden (u.a. Siemens und UPM) hat die SAP bereits an Workday verloren. Die SAP muss hier einen gefährlichen Spagat schaffen: Innovationen präsentieren und gleichzeitig die Bestandskunden abholen. Dieser Konflikt wird immer wieder in der Roadmap spürbar. Es bleibt spannend, welche HR-Cloud-Lösung sich in den nächsten Jahren durchsetzen wird.
Autor: Markus Kammermeier, Business Unit Manager HCM | Member of the Board, T.CON GmbH & Co. KG
1 Quelle: www.golem.de/1112/88181.html
2 Quelle: www.dsag.de/externe-news/dsag-forderung-erfolgreich-sap-schafft-klarheit-im-personalwesen
3 Quelle: www2.deloitte.com/insights/us/en/focus/human-capital-trends.html