Dürfen wir Sie beraten?
Norbert Kytka
KontaktDie diesjährige SAP TechEd fand erneut rein virtuell statt. Dafür bot sie aber eine Vielzahl von Fachthemen, die für Anwenderunternehmen relevant sind und vielversprechende Perspektiven bieten. Positiv ist anzumerken, dass die Experten der SAP SE dabei oft nicht nur auf die Technologie an sich blickten.
Unser Eindruck: Der Softwareanbieter konzentriert sich insgesamt aktuell stärker darauf, zusätzlich die konkreten Use-Cases der Technologien zu vermitteln – auch dadurch, dass in den Sessions häufig Kunden oder Partner zu Wort kamen. Die Walldorfer legen den Fokus darauf, die Business Technology Platform (BTP) weiter zu stabilisieren und zu vereinheitlichen. Kunden und Partner bekommen etwas mehr Zeit, die neuen Themen aus den letzten Jahren in Ruhe zu prüfen und zu erschließen. Das ist sinnvoll, denn vor allem zwei Themen der TechEd verdienen es, in Kundenprojekten mehr Raum zu bekommen: Der Low-Code/No-Code-Trend und das Free-Tier-Lizenzmodell der BTP.
Die Komplexität in der Anwendungsentwicklung hat in den letzten 20 Jahren erheblich zugenommen. Schon die Entwicklung von Anwendungen in einer monolithischen Architektur, die auf einem Server gehostet wird, war eine Herausforderung. Nun werden sie auf Grundlage von in Container gepackten Microservices entwickelt, die in einer verteilten Cloud-Umgebung gehostet werden. Das bedeutet einen deutlichen Sprung in der Komplexität bei der Entwicklung von Software.
Gleichzeitig stehen Unternehmen vor der Herausforderung, Prozesse, die sich immer schneller ändern, trotzdem effizient abzubilden und zu digitalisieren. Die Software kommt da oft nicht mit. Einige unserer Kunden – etwa aus dem Sanitärbereich – haben beispielsweise während der Corona-Pandemie angesichts der rasant gestiegenen Nachfrage nach ihren Produkten neue Prozesse aufgesetzt, die nach rund drei Monaten bereits wieder obsolet waren. „Bis die IT da hinterherkommt, ist das Geschäft längst gelaufen", berichtet ein Kunde.
Diese Entwicklung trifft auf einen steigenden Fachkräftemangel, gerade in der IT. Da ist es nur logisch, dass sich das Thema „Low-Code-/No-Code-Entwicklung“ (LCNC) gerade zu einem zentralen Mega-Trend entwickelt. LCNC verspricht zum einen, dass die Produktivität professioneller Entwickler deutlich steigt. Zum anderen sollen auch „Nicht-Entwickler“, also techik-affine Anwender aus den Fachabteilungen etwa, einfache Anwendungen bauen oder Prozesse automatisieren können (sogenannte "Citizen Developer").
Die Fachexperten kennen ohnehin die Anforderungen und Abläufe. Der LCNC-Ansatz versetzt sie in die Lage, in einem gewissen Rahmen eigene Anwendungen zu bauen, ohne dass dafür Ressourcen aus der Unternehmens-IT erforderlich sind.
SAP greift diesen Trend schon seit einiger Zeit auf und hat auf der TechEd nun angekündigt, die verschiedenen Tools in einer „Unified Low-Code-/No-Code-Platform“ besser zu bündeln. Im Bereich der Entwicklung positioniert SAP das zugekaufte und mittlerweile direkt in der BTP integrierte AppGyver für No-Code und eine neue Perspektive im Business Application Studio sowie Fiori Elements für Low-Code.
Im Bereich der Prozessautomatisierung werden RPA, Workflow und Business Rules zur „SAP Process Automation“ zusammengeführt. Die Runtimes bleiben dabei gleich. Es kommt aber eine neue einheitliche und nochmals vereinfachte Design-Umgebung.
Low-Code/No-Code senkt die Barrieren im Bereich der Anwendungsentwicklung deutlich. Die genannten entsprechenden Tools sind, wie mittlerweile alle Tools und Plattformen der SAP im Bereich Entwicklung, Integration sowie Datenmanagement und Analytics, natürlich Teil der Business Technology Platform (BTP). T.CON nutzt die BTP schon seit längerem recht intensiv in der Produktentwicklung unserer Cloud-Applikationen.
Auch in unseren Kundenprojekten kommt die BTP verstärkt zum Einsatz – etwa bei einem gerade live gegangenen Kundenportal des Papierherstellers Koehler.
Doch wir beobachten auch, dass viele Kunden noch zögern, Projekte auf der BTP aufzusetzen. Ein Grund: Die On-Premises-Plattformen, in die man investiert hat, tun ihren Dienst. Ein weiterer Grund: Gerade bei den wichtigen Kernfunktionen wird – zurecht – ungern experimentiert. Auch wenn das bedeutet, dass man deutliche Vorteile einer Entwicklung in der BTP, etwa eine bessere Release-Fähigkeit oder die Nutzung von Innovationen, nicht realisieren kann.
Einen dritten, oft ebenfalls wesentlichen Grund hat die SAP SE nun auf der TechEd 2021 adressiert: Das Lizenzmodell der BTP stellte aus Sicht vieler Kunden viele Jahre lang eine gewisse Einstiegshürde dar. Es erschien oft nicht möglich, einzelne Services vielleicht einfach mal auszuprobieren und ohne große Vorab-Investition und lange Vertragsbindung Erfahrungen zu sammeln.
Diese Barriere gibt es faktisch schon seit Mitte des Jahres nicht mehr. Seitdem steht nämlich das verbrauchsbasierte Lizenzmodell „Pay-as-you-Go“ (PAYG) zur Verfügung. Und: PAYG beinhaltet auch ein sogenanntes „Free Tier“-Lizenzangebot. Das bedeutet, dass man bestimmte Services bis zu einem gewissen verbrauchten Volumen komplett kostenlos nutzen kann. Dieses Modell ist optimal für Prototypen, die man später nahtlos in den produktiven Betrieb überführen kann.
Auf der TechEd wurde der Free Tier nun auch für „individual developers“ freigegeben. Das bedeutet: Jedermann kann nun einen BTP-Account buchen und bestimmte Dienste kostenlos verwenden. Der Unterschied zum Free Trial, das es ja schon sehr lange gibt, ist dabei, dass die Umgebung 1:1 einer normalen produktiven Umgebung entspricht und auch nicht nach einer bestimmten Zeit zurückgesetzt wird.
Ebenfalls angekündigt wurde, dass nun auch die HANA Cloud im Free Tier verfügbar ist, sowie auch die Integration Suite. Gerade letzteres dürfte für viele Entwickler und Anwenderunternehmen interessant sein, aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten der Suite, Integrationsszenarien unterschiedlichster Art abzudecken.
Weitere Themen der TechEd 2021 kurz zusammengefasst:
Es gibt heute keinen Grund mehr, die vielfältigen neuen Möglichkeiten der Business Technology Platform (BTP) nicht zu nutzen. Also einen Workflow nicht mit Process Automation zu bauen, anstatt Batch-Input nicht RPA für die Automatisierung von Transaktionen zu verwenden, oder um einfache mobile Anwendungen zu bauen nicht AppGyver oder das Mobile Development Kit (MDK) zu nutzen. Auch die Integration Suite wird in vielen Fällen bessere Ansätze bieten als manuelle Schnittstellen oder die Nutzung einer On-Premise-Plattform, wenn Unternehmen nachhaltige und zukunftsfähige Lösungen entwickeln wollen.
Das SAP-Jubiläumsjahr 2022, in dem das Unternehmen 50 Jahre alt wird, steht schon jetzt klar im Zeichen der Cloud und der Business Technology Platform. Für die T.CON als SAP Gold Partner, vor allem aber für die Anwenderunternehmen, bietet dies ausgezeichnete Perspektiven, um mit innovativen Lösungen das Geschäft zukunftsfähig aufzustellen.
P.S. Weitere Neuigkeiten und Ankündigen sind im SAP TechEd News Guide zu finden.