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Norbert Kytka
KontaktNach den technischen Problemen im Rahmen der virtuellen Sapphire im Frühjahr war SAP offensichtlich bemüht bei ihrer Technologie-Konferenz eine bessere Figur abzugeben – und das ist eindrucksvoll gelungen: Das 48-Stunden-Event mit über 60.000 registrierten Teilnehmern ging reibungslos über die Bühne, bot vielfältige Interaktivität und konnte teilweise sogar mit innovativer Technik aufwarten. Inhaltlich standen das Schlagwort „Intelligent Enterprise“ sowie dessen cloudbasierte Infrastruktur im Fokus.
Die meisten Entwicklungsressourcen der SAP fließen seit einiger Zeit in das „Intelligent Enterprise Programm“. Dessen Ziel ist es, eine integrierte und intelligente Suite aus den verschieden Business-Lösungen von SAP S/4HANA über SuccessFactors bis hin zu Concur und Ariba zu schaffen. So können die betriebswirtschaftlichen Kernprozesse von Unternehmen nahtlos abgebildet werden. Dazu werden diese z. B. mit einer einheitlichen Benutzeroberfläche (SAP Fiori 3), einem einheitlichen Datenmodell (One Domain Model) sowie einer zentralen Workflow-Inbox versehen. Bis Ende 2020 wird dieses Ziel nach eigener Aussage zu 80-90% erreicht sein, zumindest was „Wave 1“ anbelangt. In „Wave 2“ sollen dann das Event-Handling innerhalb der Suite sowie eine eventbasierte Erweiterbarkeit im Fokus stehen.
Die Erweiterbarkeit („Extensibility“) der Business-Lösungen war eines der Schwerpunktthemen der ersten Keynote von SAP-CTO Jürgen Müller. Eine Ankündigung dazu dürfte vor allem klassische ABAP-Entwickler freuen: Die SAP Cloud Platform ABAP Environment ist nun auch im „Multitenant-Modus“ verfügbar. Somit lassen sich bestehende ABAP-basierte Add-Ons gegebenenfalls in die Cloud migrieren und zentral verschiedene Anwender-Unternehmen zur Verfügung stellen. Bei der Vielzahl bestehender Erweiterungen ist das sicherlich ein großer Pluspunkt. Zudem werden immer häufiger eventgetriebene Architekturen eingesetzt, um die Vorteile einer losen Kopplung zwischen Anwendungen auszuschöpfen. Der relativ neue Enterprise-Messaging-Service der SAP Cloud Platform hilft dabei.
Im Bereich Daten-Management bietet SAP seit diesem Jahr die HANA Cloud an. Sie erlaubt es zum Beispiel, Daten aus verschiedensten Quellen wie Cloud-Speichern, relationalen Datenbanken und natürlich HANA-Backends zu aggregieren und auszuwerten. Nutzt man zusätzlich den HANA Data Lake, so lassen sich damit Datenmengen im Petabyte-Bereich speichern und verarbeiten. Mit der SAP Analytics Cloud stehen dem Endanwender einfache und intuitive Auswertungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Neben Extensibility ist Integration eine der Kernfunktionen der Business Technology Platform. Letztendlich ist das auch das Kern-Merkmal der Intelligent Enterprise Suite. Mit der Cloud Platform Integration Suite bietet SAP ein umfangreiches Bundle verschiedener Services, seit kurzem auch unter einer einheitlichen Lizenz. Neu und speziell für B2C-orientiere Integrationsszenarien interessant dürften dabei die „Open Connectors“ sein: Dank der über 150 Standard-Konnektoren zu Diensten wie Slack, Google Drive, Salesforce oder Office 365 lassen sich diverse spannende Use-Cases abbilden. Was wiederum die Integration der SAP-eigenen Business-Anwendungen anbelangt, so werden der Master Data Integration Service sowie das One Domain Model künftig dabei helfen, Stammdaten in einem einheitlichen Format untereinander auszutauschen.
In der Keynote des zweiten Tages griff Jürgen Müller unter anderem das Thema „Industry Cloud“ auf. Teil der produktstrategischen Neuausrichtung der SAP ist unter anderem eine stärkere Branchen-Orientierung: SAP will vermehrt cloudbasierte Add-Ons für die 25 unterstützten Branchen anbieten, wobei 80% dieser Lösungen von Partnern kommen und über das App Center vertrieben werden sollen. Ein zur TechEd veröffentlichter „Architecture and Development Guide“ zeigt den Partnern auf, welche Dienste genutzt und welche Rahmenbedingungen dabei beachtet werden sollten.
Für die Intelligenz im „Intelligent Enterprise“ sorgen natürlich Machine Learning und KI. Abgesehen vom Angebot an technischen Basis-Diensten integriert SAP KI-basierte Szenarien vermehrt auch in den fachlichen Modulen. Und mit den AI Business Services stehen vorgefertigte Lösungen zur Verfügung, die einen schnellen Mehrwert versprechen, beispielsweise um unstrukturierte Business Dokumente zu klassifizieren und ihre Inhalte mit Hilfe von OCR zu extrahieren.
Zu guter Letzt kam auch das Konzept des „Low-Code-Development“ zur Sprache. Der aktuelle Hype um das Thema ist durchaus begründet, denn der zunehmende Bedarf an digitalen Lösungen in den nächsten Jahren wird sich rein mit professionellen Software-Entwicklern gar nicht zu 100% abdecken lassen. Deshalb versucht man Business-Anwender in die Lage zu versetzen, individuelle Anwendungen für spezifische Problemstellungen zu bauen. SAP bietet entsprechende Tools in verschiedenen Bereichen, z. B. das Cloud Studio in RPA 2.0 oder Ruum für kollaborative Workflows.
Die diesjährige TechEd war in ihrer Form natürlich sehr speziell und wird vielleicht einmalig bleiben. Eine weitere Besonderheit war das Fehlen einer größeren Produkt-Ankündigung. Unter dem neuen und verjüngten Vorstand fokussiert sich SAP wieder stärker auf die Kernkompetenz End-to-End-Geschäftsprozesse mit einer integrierten Business-Suite zu unterstützen und setzt aktuell auf Konsolidierung und Harmonisierung. Das stabile Fundament dafür bildet die Business Technology Platform. Deren erklärtes Ziel ist es, die bestmögliche Plattform für die Erweiterung und Integration von SAP-Daten und -Prozessen zu sein – und sie ist auf dem besten Weg.
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