Dürfen wir Sie beraten?
Norbert Kytka
KontaktSchon seit Jahren hat SAP mit Extended Warehouse Management (EWM) und Transportation Management (TM) zwei modulare Logistik-Lösungen für Unternehmen jeder Größe im Programm. Sie lassen sich On-Premises oder in der Cloud nutzen, sind automatisch im S/4-Kern integriert (Embedded-Variante) und können darüber hinaus auch dezentral genutzt werden (Side-by-Side-Variante). Dabei hat EWM (wie sein abgekündigter Vorgänger LE-WM) die Lagerverwaltung mit Wareneingang/-ausgang, Produktionsversorgung sowie Bestandsführung und Inventur im Blick. TM positioniert sich (Vorgänger LE-TRA, ebenfalls abgekündigt) als Lösung für die externe Logistik: Transportplanung, Überwachung, Frachtabrechnung etc.
Für den Transformationsweg gibt es keine pauschale Empfehlung
Obwohl Extended Warehouse Management und Transportation Management zum Kern von SAP S/4HANA gehören und sich hier voll entfalten, ist S/4 keine zwingende Voraussetzung. Vielmehr können sich Unternehmen für einen „Logistics-First-Ansatz“ entscheiden, bei dem EWM und TM schon vorab – als Side-by-Side Installation – eingeführt werden. Damit lassen sich Logistikprozesse bereits früh auf einen modernen Stand bringen, falls der Umstieg auf SAP S/4HANA noch etwas Zeit im Unternehmen benötigt.
Kommt der „Logistics-First-Ansatz“ dagegen nicht in Frage, so sind im Zuge der S/4HANA-Transition folgende Transformations-Strategien denkbar:
Egal ob „Big Bang“- oder “Step by Step”-Ansatz: Unsere Empfehlung: die S/4 Transition erstmal als solche vorziehen. Insbesondere wenn für den S/4-Umstieg der Brownfield-Ansatz, also eine S/4-Conversion, ausgewählt wurde. So kann die Organisation im Tagesgeschäft mit S/4HANA erstmal wieder ankommen, das Projektteam durchatmen und danach der Fokus gezielt auf den EWM/TM-Umstieg gelegt werden.
Die angeführten Transformations-Strategien lassen sich auch auf den Umstieg Richtung TM übertragen. Gerade TM sollte spätestens dann in die EWM-Transformations-Betrachtung mit eingebaut werden, wenn in den Lagerstandorten ein nicht unwesentlicher Teil an Versandprozessen mit integriert ist. Die neu gestaltete und engere Integration zu EWM (Stichwort „Advanced Shipping and Receiving“) kann hier große Mehrwerte bieten. Und ganz unabhängig davon ist es sowieso auch denkbar, vor der EWM-Transition generell eine TM-Transition zu forcieren. Den TM-Umstieg also erstmal vorzuziehen.
Lässt man die verschiedenen Transformations-Strategien nun auf sich wirken, wird man schnell feststellen, dass alle Optionen ihre Vor- und Nachteile haben. Insbesondere was Change, Risiko und Ressourcenbelastung betrifft – gerade wenn eben parallel auch eine S/4-Transition im Unternehmen im Gange ist.
Der Transformationsweg muss daher immer individuell ausgearbeitet werden. Unter Berücksichtigung der konkreten IST-Situation aber auch im Hinblick auf die Strategien & Zukunftsvisionen im Unternehmen.
Von der Transformations-Strategie zum Transformationsansatz: Brownfield? Mixed-Field? Oder doch Greenfield?
Sehr nah an der Strategie hängt natürlich die Frage, welcher Ansatz für den Umstieg gewählt werden soll. Man mag es womöglich bereits vorausahnen – auch der richtige Transformations-Ansatz ist hoch individuell und daher schwierig pauschal zu bewerten.
Eine klare Aussage kann man aber dennoch vorausschicken: Ein reiner Brownfield-Ansatz, wie man es aus der S/4-Transition (Stichwort S/4 System Conversion) kennt, kann technisch weder für EWM noch für TM gefahren werden. Aber auch unabhängig davon macht der Ansatz aus unserer Sicht nur in den seltensten Fällen Sinn.
Damit bleiben im Grunde zwei Optionen übrig:
Es ist nicht von der Hand zu weisen: Der vorgesehene Migrationspfad der SAP ist für EWM und TM sehr stark auf Greenfield ausgelegt.
Auf den ersten Blick mag das durchaus verwundern. Vielleicht mag man es auch als zu einfach gedacht empfinden oder gar das Gefühl entwickeln, die SAP mache sich hier schlichtweg das Leben leicht. Bei genauerem Hinsehen gewinnt man aber dann trotzdem an Klarheit und Nachvollziehbarkeit für eben diesen Greenfield-Fokus.
Aus unserer Erfahrung begründet sich das mit drei Faktoren:
Go-Live: Alles oder nichts?
Geht es um die Produktivsetzung, so gilt beim Umstieg von WM auf EWM tatsächlich das Motto: „Alles oder nichts“. Soll heißen: Es muss zum Stichtag die komplette Lagernummer (Standort bzw. Lagerkomplex) auf EWM umgestellt werden. Beim Umstieg von LE-TRA auf TM kann der Go-Live dagegen „weicher“ gestaltet werden. Hier ist von der Option eines schrittweisen „Hochfahrens“ die Rede. So kann eine Produktivsetzung nicht nur pro Versandstelle (Verlade-Ort), sondern – noch feiner – z.B. auch pro Verkehrszweig erfolgen.
Für das Ausspielen der Freiheiten im TM-Umstieg gilt allerdings dieselbe Grenze, wie sie bereits in den Transformations-Strategien weiter oben angeführt wurde: Es ist immer kritisch zu prüfen, ob bzw. inwiefern der TM-Umstieg entkoppelt vom EWM-Umstieg betrachtet werden kann. Gerade bei mit dem Lager integrierten Versandprozessen – wie man sie nun mal häufig in der Praxis vorfindet– ist hier also Fingerspitzengefühl und eine genaue Analyse gefragt.
Wachsen mit Clean Core und der SAP BTP (Business Technology Platform)
Nach dem Go-Live ist vor dem Go-Live. Oder besser gesagt: Nach dem Go-Live ist vor der Optimierung. Mit dem Umstieg auf EWM und TM ist zweifelsohne ein großer Schritt vollbracht, wenn gleich die Möglichkeiten zu diesem Zeitpunkt sicher noch nicht ausgereizt sind. In das Transition-Projekt kann nun mal nicht alles gepackt werden, was gemäß einer individuellen Zukunfts-Vision in der Logistik und Supply Chain erforderlich ist. Aus unserer Sicht ist es empfehlenswert, die bewusst aufgeschobenen Optimierungsthemen erstmal in 2 Kategorien zu clustern:
Kategorie 1: Optimierungsthemen, die mit den Möglichkeiten des S/4HANA-Kerns umgesetzt werden können.
Kategorie 2: Optimierungsthemen, die mit den Möglichkeiten der SAP BTP realisiert werden können.
Das große Ziel dahinter: Den S/4HANA-Kern möglichst sauber halten („Clean Core“) und größere GAPs mit den vielfältigen Optionen in der BTP schließen. Sei es beispielsweise durch das SAP Business Network for Logistics, den SAP Warehouse Insights oder SAP Warehouse Robotics, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Dadurch wiederum möglichst geräuschlose Release-Upgrades sicherstellen und von den Neuerungen in den jeweiligen Releases profitieren. Immer mit dem Blick darauf, der eigenen Zukunftsvision Stück für Stück näher zu kommen.
Abschließende Gedanken aus Sicht eines SAP-Partners
Auch wir als T.CON haben vor unseren EWM/TM Projekten viele Jahre lang Einführungs- und Optimierungsprojekte mit Beteiligung der Module WM und LE-TRA durchgeführt.
Da fällt es umso drastischer auf, wie viel die SAP gerade in die Weiterentwicklung der Logistik-Lösungen investiert. Nah an den Neuerungen dran zu sein, sowohl im S/4-Kern als auch in den BTP-Lösungen, ist seither ein ausgesprochenes Fokus-Thema für uns als T.CON. Unser enger Draht zur SAP-Produktentwicklung ist für uns von großer Bedeutung und nicht zuletzt auch ein zentrales Fundament für zukunftssichere Beratung im Bereich SAP Logistik & Supply Chain.
Fazit: Am Ende des Tages kann die Motivation für eine Transition aus unserer festen Überzeugung nicht allein von den Abkündigungen und Deadlines hervorgehen. Vielmehr ist es die hier schon vielfach angeführte Zukunftsvision und deren Leuchttürme im Unternehmen, die letztendlich eine langfristige und nachhaltige Motivation für einen Umstieg schaffen. Externe Faktoren wie Fachkräftemangel, Nachhaltigkeit und die immer engere Verzahnung von Supply Chain-Beteiligten bringen zusätzlichen Schub von außen.
Die Software steht mit dem SAP Logistik Ökosystem jedenfalls schon dafür bereit.